Wissenschaftsfreiheit?

Wissenschaftsfreiheit?

Gibt es sie heute noch oder leben wir wieder im Zeitalter der Keule? Gerade im Wissenschaftsbetrieb ist diese Frage heute berechtigt.
Die immer lauter werdende Diskussion um Wissenschaftsfreiheit erhitzt gegenwärtig die Gemüter. Der Kommunikationswissenschaft kommt in dieser Debatte m.M.n. eine Schlüsselrolle zu. Gerade dieser Wissenschaft wird eine hohe Kompetenz in der Umsetzung und Durchsetzung wissenschaftlicher Standards, für ein „emanzipatorisches Verständnis von Wissenschaftsfreiheit“ (Zeit 47/54), für die Möglichkeit, „besondere Positionen, überraschende Argumente und ungewöhnliche Erfahrungen“ offen sein zu können (Ebd.). Ist es wirklich schon so weit gekommen, dass „Macht- und Gewaltverhältnisse die akademische Welt durchziehen“, dass gegen die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen aggressive Social-Media-Kampagnen losgetreten werden, die die Forschenden mit großer Vorsicht agieren lassen? Haben wir es vermehrt mit „dramatischen Verengungen der Diskussionen“ und „Einseitigkeit in den Darstellungen“ bzw. „rhetorischen Diffamierungen“ (Markus Weißkopf in Zeit 24/41) zu tun? Die Gegenreaktionen lassen nicht auf sich warten. Begriffe wie „Imperialismus“ bzw. „Kolonialismus“ in der Wissenschaft werden wieder hoffähig.
Als Student war ich und bin noch immer ein Anhänger der habermasschen Diskurstheorie und lehne jegliches Dominanzgebaren bzw. Anwendung herrschaftlicher Verhaltensweisen nicht nur in der Wissenschaft ab. Das bringt uns m.E. Nicht weiter, gerade wenn es um den Diskurs in der Erziehungswissenschaft geht. Erkennen wir nicht, dass wir alle auf dem Weg sind, dass auch die Wissenschaften immer einem Veränderungsprozess unterworfen sind, wo jedes Forschungsergebnis weiter führen kann und nicht vorherige Ergebnisse ad Absurdum führt, sondern darauf aufbaut? Es kann sicherlich um Exzellenz aber nicht um Deutungshoheiten gehen. Manchmal hat man den Eindruck, dass wir noch im Zeitalter der Keule leben. Mit Hauen und Stechen wird aufeinander losgegangen (vgl. „Packt die Streitäxte weg“ in Zeit 24/41). Wir brauchen Menschen, denen es nicht um die Verteidigung der eigenen Standpunkte, sondern um eine gemeinsame Suche geht, um eine gute Konfliktvermeidungsstrategie wo um die Sache gestritten wird und es nicht um persönliche Diffamierungen geht.
Ralf Kennis

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