Lehrerinnen und Lehrer unter Druck durch Datenschutzbeauftragte

Lehrerinnen und Lehrer unter Druck durch Datenschutzbeauftragte

Lehrer im Ausnahmezustand, unter Druck durch Datenschutzbeauftragte

Vor einiger Zeit veröffentlichte ich hier [https://magnifikat.de/2020/05/03/eine-berliner-grundschullehrerin-im-krisenmodus/] einen Bericht über die Arbeitsbelastung einer Kollegin während des Corona-Lockdowns. In dieser außergewöhnlichen Zeit arbeiteten viele Kolleginnen und Kollegen bis an ihr Limit und darüber hinaus. Sie befinden sich im Ausnahmezustand, im Krisenmodus und schreiben:

„Ich gehöre ja zu der Fraktion „Halbtagsjob mit monatelangen Ferien“ 😉 Ich für meinen Teil arbeite seit Corona erheblich mehr, denn dank der verschlafenen Digitalisierung musste ich mich auch erst im Dschungel der Angebote und der rechtlichen Rahmenbedingungen orientieren und ein paar Onlinefortbildungen machen, es reicht mir ja  nicht, nur das übliche  OneNote und die gängigen Apps zu nutzen. Es läuft *glaubich* gut, ist aber doppelter Aufwand (Aufgaben einerseits für die, die an Videounterricht nicht teilnehmen können, Videokonferenzen andererseits bzw. ergänzend), jetzt kommt noch der Präsenzunterricht und der Betreuungs-/Aufsichtswahnsinn dazu. Ich jammer nicht, ich klage nicht, ich nehme es als sportliche Herausforderung, für Corona kann ja keiner was. Ich nehme mit, dass ich mittlerweile mehrere Videokonferenztools inkl. der Einbettung von Material und Videos beherrsche und viel Didaktik des selbstregulierten Lernens aufgefrischt habe.  Wenn aber der „Dank“ dafür, dass ich alles im Distanzlernen (natürlich mit meinen Privatgeräten, mit meinen Software-Abos und ohne nennenswerte Unterstützung) organisiere und durchführe, eine Ferienkürzung wäre … dann mach ich demnächst auch nur noch Dienst nach Vorschrift.“ Zusätzlich zu den verkürzten Sommerferien kämen dann noch verpflichtende Weiterbildungen an Wochenenden oben drauf. Offensichtlich ist Dienst nach Vorschrift die einzige Alternative für Viele. Das Engagement für die jüngere Generation, ein Motor der Erziehung, ginge verloren.

Nun beabsichtigen einige Datenschutzbeauftragte, ihnen voran derjenige aus Thüringen, sog. „Datenmissbrauch“ bei Lehrerinnen und Lehrern zu ahnden. Das kann zu Disziplinarverfahren und Entfernungen aus dem Dienst, mindestens jedoch zu 1.000,-€ Geldstrafe führen.

Wie kann ich digital mit meinen Schüler*innen und deren Eltern kommunizieren, ohne Datenschutzrichtlinien zu verletzen? Nehmen wir an, die Kommunikation erfolgt über eine schulinterne geschützte Plattform, was in Deutschland noch selten der Fall ist. Das erfordert ein schulinternes Netz, zu dem man als Lehrer*in beim Homelearning von zu Hause aus Zugang haben muss. Schreibe ich an Eltern eine e-Mail von zu Hause aus, so befindet sich diese immer noch im Postausgang meines privaten Rechners. Damit verletze ich automatisch Datenschutzrichtlinien und mache mich straffällig. Einziger Ausweg, den meine Kolleg*innen In der Corona-Krise teilweise anwenden: Jede Kommunikation erfolgt über Telefon oder die Schneckenpost: Aufgaben, Wochenpläne, etc. werden dem Elternsprecher In einem Karton übergeben, der dann alles verteilt. Digitalisierung findet nicht statt. Ist es das, was die Datenschutzbeauftragten beabsichtigen? Wie wäre es einmal mit Anerkennung und Würdigung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen, insbesondere jetzt im Ausnahmezustand anstatt weiter Druck  gegen sie auszuüben?

Vielleicht wäre es angemessen, wenn sich die Datenschutzbeauftragten einmal daran erinnern würden, welche Lehrerinnen und Lehrer, Ausbilderinnen und Ausbilder es ihnen ermöglichten, ihren verantwortungsvollen Dienst (wird er auch als solcher von ihnen wahrgenommen?) in dieser Position ausüben zu können?

40 Jahre unterrichtete ich an verschiedenen Gesamtschulen Berlins. Heute würde ich keinem jungen Menschen mehr raten, diesen Beruf zu ergreifen.

Die Lehrerverbände fordern seit Jahrzehnten Entlastungen:

„Die Lehrerinnen und Lehrer, die den Unterricht live in der Schule und online zu Hause sicherstellen, die zusätzliche Beratungs- und Begleitangebote für Schüler und Eltern bieten und parallel dazu noch die Notbetreuung sichern, sagen: So nicht!“ (aus: „news4teachers“) Jedoch gerade jetzt in Coronazeiten kommen weitere erhebliche Belastungen auf die Kolleginnen und Kollegen zu. „Das ist alles nicht mehr zu schaffen“ schrieb ich bereits einige Jahre vor der Krise (vg. VBE-aktuell 2-3 2019, S. 30f).

Ich ziehe vor allen Kolleginnen und Kollegen, die jetzt noch verantwortungsvoll ihren Dienst tun, den Hut. Die Belastungsgrenze ist längst überschritten.

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