Gendergerechte Sprache
In der deutschen Öffentlichkeit wird das Gendern immer noch kontrovers diskutiert. Manchmal gibt es den Versuch, der gesamten Bevölkerung zu suggerieren, gendergerechte Sprache lernen zu müssen und diese auch anwenden zu sollen. Das wird als Zumutung und als einen unangemessenen Eingriff in unsere Autonomie empfunden und nimmt Formen an, die als „ideologisierend“ und sogar „indoktrinierend“ bezeichnet werden. So etwas steht unserer diversen und weltoffenen Gesellschaft nicht gut zu Gesicht. Manchmal sieht es für mich so aus, als ob wir in Zukunft unsere Sprache verändern sollen. Das ist übergriffig. Meine Sprache gehört mir und sonst niemandem, die Sprache von Peter gehört Peter. Daran kann und darf keiner etwas herummanipulieren. Dass wir uns alle bisher sprachlich diskriminierend verhalten haben sollen, halte ich schlicht für falsch und weise diesen Vorwurf entschieden von mir. Bei mir hat sich bis jetzt niemand beschwert, dass er oder sie sich diskriminiert fühlte, weil ich nicht gender. Das gesellschaftliche Miteinander bestimmt unsere Befindlichkeiten. Ich finde es in Ordnung, wenn Gabi mir mitteilen möchte, mit welchem Pronomen sie angesprochen werden will und halte mich gerne daran. Nimmt man aber jemandem oder einem Volk seine Sprache, so nimmt man ihm seine Identität.
Sprache ist „ein Herrschaftsmittel. Wer bestimmt, was gesagt oder geschrieben werden darf und in welcher Form, hat Macht über die Gesellschaft“ (Eric Gujer, Chefredakteur der «Neuen Zürcher Zeitung», 12.03.2021). Stichwort: Meinungskolonialismus.
Hier ein Versuch zur Versachlichung dieser emotional aufgeladenen Thematik: „Sprache ist nicht nur Erkenntnisinstrument, sondern auch wichtigstes Kommunikationsmittel; sie prägt unser Denken und wird umgekehrt von diesem geprägt“ (uni-regensburg.de). Für mich persönlich heißt das, dass Sprache allen gehört oder keinem aber vor allem ist sie mein ganz persönliches Ausdrucksmittel. Sie prägt meine Identität. „Wer immer aus seinem individuellen Sprachgebrauch eine allgemeine Ideologie abzieht, der schwingt sich zum Sprachpapst auf, der bedroht alle anderen mit Exmatrikulation und redet im Extrem der Inquisition der Sprache das Wort – also dem Schweigen. Meine Sprache, Deine Sprache, Ihre Sprache: Ich möchte mich in meiner Sprache ausdrücken, mich darin wiederfinden, sie ist im persönlichen wie gesellschaftlichen Miteinander das, was mich ausmacht. Meine Sprache gehört mir. Die Sprache von Jana Pareigis gehört Jana Pareigis (sie wurde wegen der Sprachpause kritisiert). Daran gibt es nichts zu kritisieren. In keiner Sprache“ (René Scheu, NZZ, 4.10.2019).
„Die Endung -er im Deutschen, die so viel zu reden gibt, ist bloss eine Markierung: Sie macht aus einem Menschen, der lehrt, einen Lehrer. «Lehrer» ist, sprachwissenschaftlich betrachtet, nichts anderes als eine reine Funktionsbezeichnung, ohne allen Bezug zum biologischen Geschlecht. Das generische Maskulinum setzt also nicht Mann und Mensch gleich (und erniedrigt Frauen zu Un- oder Untermenschen), sondern es verhält sich gerade umgekehrt: Mit «Lehrer» ist ohne kontextuelle Angaben erst mal nur der Beruf gemeint. Ist hingegen von einer «Lehrerin» die Rede, sind zwingend sowohl Beruf als auch das biologische Geschlecht genannt“ (Scheu, 2019).
„Doch wie konnte dann das Missverständnis entstehen, dass das generische Maskulinum die Frauen unsichtbar mache, also ausschliesse, also diskriminiere? Es geht um einen Kurzschluss – und eine zweifelhafte sprachphilosophische Prämisse. Ja, bis vor kurzem waren Frauen in vielen Bereichen unsichtbar. Aber nicht aufgrund mangelnder Wortformen, sondern wegen sozialer Konventionen. Und nein, wer die Sprache per Dekret verbiegt, ändert dadurch nicht die soziale Wirklichkeit, sondern betreibt bloss Machtpolitik im Dienste der eigenen Agenda“ (René Scheu, NZZ, 4.10.2019).
Es verhält sich also nicht so, dass eine geschlechtergerechte Sprache ein „Instrument zur Verwirklichung von Chancengleichheit und Gleichstellung“ darstellt, sondern es sind die von jedem Einzelnen gestalteten gesellschaftlichen Konventionen, die Haltung gegenüber dem „Nächsten“, die in der sozialen Wirklichkeit eine Transformation herbeiführen können. Wir verändern die sozialen Konventionen überall dort, wo Menschen diskriminiert, unterdrückt bzw. verfolgt werden zum Positiven, wenn wir diese Menschen konsequent achten und für sie einstehen.
„Elf Bundesländer berufen sich (…) auf den Rat der Deutschen Rechtschreibung und das Amtliche Regelwerk. In den Verwaltungen wird mit weiblicher und männlicher Form oder geschlechterneutralen Begriffen gearbeitet. In den Schulen wird in schriftlicher Form nicht mit verkürzenden Zeichen im Wortinneren gegendert. Allerdings ist es auch nicht explizit verboten und sollte deshalb nicht mit einem Fehler geahndet werden“ (Neele Schomburg, 2023, https://www.rnd.de/politik/gendern-in-schule-und-verwaltung-wo-gilt-das-verbot-bundeslaender-uebersicht-UXSOG4QPP5FFJLHZORHZWR4FA4.html, Zugriff 02 2025). In den Schulen von Sachsen und Schleswig-Holstein wird das Gendern in der Schriftsprache sanktioniert.
In Frankreich ist die Debatte um gendergerechte bzw. inklusive Sprache im Jahr 2021 neu entfacht. Ein renommiertes Wörterbuch führte ein geschlechtsneutrales Personalpronomen für die dritte Person ein, Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer sprach ein Verbot der gendergerechten Schriftsprache für die Schulen aus. Die in Frankreich verwendeten Pünktchenwörter behinderten das Lesen, ein Argument, das man auch in Deutschland findet: Der Lesefluss werde gestört, das Schriftbild „verhunzt“. Ich erspare es dem Leser, hier die unterschiedlichen Formen geschlechtsindifferenter Bezeichnungen, die Verwendung der Partizipien und Adjektive sowie die zahllosen Umformulierungen aufzulisten (vgl. Uni-Regensburg.de). Darunter befinden sich grammatikalische Fehler: Fahrradfahrende können nur dann als solche bezeichnet werden, wenn sie ad hoc auf dem Rad in Bewegung sind, noch nicht einmal, wenn sie gerade vor einer Ampel halten. In dem Augenblick sind sie nämlich keine Fahrenden.
Ich gender also nicht und das möchte ich mir auch erlauben und es kurz noch einmal begründen dürfen (seit meiner Jugendzeit versuche ich, die Diversität in der Gesellschaft zu achten, ich unterstützte mehrere Jahre einen schwer kranken Homosexuellen, half drogenabhängigen Jugendlichen in Berlin, usw. und noch niemand, keiner meiner Schüler, beschwerte sich in den gesamten 40 Jahren meiner Profession als Lehrer, von mir diskriminiert worden zu sein).
1. Als Fremdsprachenlehrer hatte ich bei den Schülerinnen und Schülern meiner Oberschulen genug zu tun, ihnen das korrekte Schiftbild sowie die korrekte Ausdrucksweise im Französischen aber auch im Englischen und vor allem in der deutschen Sprache zu lehren. Aus professioneller Perspektive geht mich das Thema also etwas an. Die Verwendung des Gerundiums z.B. ist in der deutschen Sprache oft grammatikalisch falsch.
2. Auch die Gender-Pflicht, die einige Dozenten an deutschen Hoschulen durchsetzen wollten, hat keine Rechtsgrundlage (faz-net, zugriff am 13.2.2025) .
3. Professionell befasse ich mich seit meinem Studium mit der Sprachwissenschaft, die besagt, dass das generische Maskulinum nichts anderes als eine reine Funktionsbezeichnung ist ohne Bezug zum biologischen Geschlecht.
4. In Frankreich ist das Gendern in der Öffentlichkeit verboten. In Deutschland verfahren die einzelnen Bundesländer uneinheitlich. Man kann aber sagen, dass in allen Bundesländern die Schulnote nicht herabgesetzt werden darf, wenn der Schüler nicht gendert.
5. Das Gendern würde meine Haltung gegenüber queeren Menschen nicht verändern. Seit meiner Jugend bin gerade marginalisierten Gruppen gegenüber sehr sensibel, denn sie haben in unserer Gesellschaft m.M.n. eine wichtige Funktion. Nicht nur deswegen, sondern auch weil ich schon immer für eine humane, gerechte und menschliche Gesellschaft eintrete.
6. Der Rat für deutsche Rechtschreibung lehnt es weiter ab, den Genderstern oder andere geschlechtergerechte Sprachzeichen in das amtliche Regelwerk aufzunehmen (Ebd., Zugriff am 13.2.2025)