Empathie in der Klasse

Empathie in der Klasse

Empathie in der Klasse

Empathie ist m.E. ein ausschlaggebender, ein wichtiger Faktor  für einen erfolgreiche Arbeit mit der Jugend.

Unter E. wird allgemein verstanden die „Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen.“[1]

Im Brockhaus steht u.A.: (…) In der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft wird mit E. die Entwicklung der Vorstellung bezeichnet, die sich die Kommunikatoren von den Interessen ihres Publikums machen.[2]

Badea bezeichnet Empathie als eine Fähigkeit, die in nahezu allen Lebensbereichen entscheidend für den Erfolg ist. [E. gewinnt an Bedeutung vor allem in der Psychotherapie und der Wirtschaft] Menschen und vor allem Führungskräfte mit besonders ausgeprägten empathischen Fähigkeiten haben bessere persönliche Beziehungen, können sich selbst und andere stärker motivieren; sie lernen schneller und genießen ein größeres Vertrauen.[3]

Der Volksmund hat für E. verschiedene Sprichwörter: Z.B. Sich in die Haut des Anderen versetzen; sich in der anderen hinein versetzen, …

Es handelt sich um eine erzieherische Beziehung,  die zu einem Blick werden kann, der „mit Vorsicht umgibt“, wie es Heidegger definiert, der auf jede aufdringliche Geste von Zwang und Belehrung verzichtet, um in sich leer zu werden. Gerade dadurch kann  eben dieser annehmende Raum entstehen, der von Natur aus erzieherisch ist, der es also erlaubt, wie die Etymologie sagt, zu “er-ziehen“, also heraus ziehen, ein Unterfangen, das nur dann möglich ist, wenn der zu Erziehende frei dazu ist, sich darzustellen, zu vertrauen, Fragen zu stellen und sich selbst zu fragen. In diesem Raum kann er seine Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln. Die Bildung der Persönlichkeit wird gefördert. Es handelt sich nicht um eine einfache Option der Toleranz, sondern um eine Grundhaltung, die Dialog ermöglicht, Problemstellungen, Vorschläge, aber auch Kritik und die nötige Korrektur, jenseits einfacher Formen von Laisser Faire.

Erziehungswissenschaftler von EdU (eduforunity.org, eine Initiative der Fokolar-Bewegung) haben in einem Grundsatzreferat E. folgendermaßen definiert: „Die Realität ist der Ausgangspunkt der Erziehung. Das beinhaltet die Beobachtung, die Kenntnis der einzigartigen und immer neuen menschlichen Realität, mit der man es zu tun hat. Jedes menschliche Wesen, jede Umgebung und jede Situation (Lage, Umstand) ist einzig:“[4]

Auf die Frage: „Welchen Blick hat der Erzieher?“ Wird geantwortet: „Die Sichtweise des Erziehers ist nicht nur der Blick eines „Beobachters“ (ein beschreibender, kalter und desinteressierter Blick); er ist auch kein „Betrachter“ (der von weitem beobachtet, abstrakt und allgemein). Es handelt sich dagegen um einen Blick, der in der Lage ist, die Einzigartigkeit, die Größe jedes Einzelnen und die Komplexität des Erziehungsvorgangs selbst zu erfassen, eine Einstellung (Blick), die „Beziehung“ ist, denn der Erzieher  zeigt Interesse mit aufmerksamer Fürsorge[5]

„Der Anfangsblick des Erziehers muss bereits das fertige „Bild“, das „sein sollen“ der Realität, auf die sich der Blick richtet, beinhalten. Dadurch kann der Erzieher die Absicht/Intention und Verantwortung des eigenen erzieherischen Auftrags wahrnehmen.“[6]

„Wer mit Kindern zu tun hat, benötigt einen pädagogischen Blick“. Lenzen nennt diesen Blick auch „Sensibilität für Situationen und für andere Menschen“(S. 15), auch „pädagogisches Verständnis“(S. 17) oder „soziales Wahrnehmungsvermögen“(S. 17) in Bezug auf die Befindlichkeit des Einzelnen und fügt hinzu, dass nicht jeder diesen Blick besitzt, dass er jedoch erlernbar ist.[7]   

Diese Haltung dem anderen gegenüber und diese Art Beziehung zu gestalten bedeuten daher eine Erneuerung  der eigenen „Berufung“ des Erziehers.

„(…) nicht nur die Wissensinhalte verdienen eine Überprüfung auf gezielte Empathieschulung. Auch in der Didaktik (also der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens) bedarf es eines Umdenkens. So ergänzt und festigt die einfühlende Beziehung zwischen Lehrpersonal und Schülern die vermittelten Inhalte auf einer formal-theoretischen Ebene.“ (http://www.das-empathische-gehirn.de/blog/die-neue-bildungsstarre-oder-empathie-als-erziehungsziel-und-stil/)

So versuchte ich seit Beginn meiner Tätigkeit als Lehrer immer, eine positive Beziehung zu meinen Schülerinnen und Schülern herzustellen, vor der Vermittlung von Lehrinhalten, weil ich der Auffassung bin und wie oben auch festgestellt, die Schüler nur dann bereit sind, etwas zu lernen und aufzunehmen, wenn meine Begeisterung auf sie übergegangen ist. In den letzten 4 Jahren musste ich jedoch immer häufiger feststellen, dass die Schüler nicht mehr in der Lage waren, eine Beziehung einzugehen. Ich habe Vieles versucht, fand aber zu einer immer größeren Zahl keinen Zugang mehr zu ihnen. Winterhoff spricht von Beziehungsstörungen, die gravierende Auswirkungen auf die spätere Arbeit sowie eine Partnerschaft haben.[8]


[1] Duden

[2] D.K. Berlo: The process of communication (N.Y. 1960).

[3] Leonardo Badea: The role of empathy in developing the leader’s emotional intelligence. In: Theoretical and Applied Economics, Vol. 17 (2010), No. 10, S. 69–78

[4] EdU, educationforunity.org, Pädagogik auf dem Weg von der Fragmentierung zur Einheit,  Rom im Mai 2004

[5] EdU …, a.a.O., S. 4

[6] EdU …, a.a.O., S. 3

[7] Lenzen, Dieter: Orientierung Erziehungswissenschaft, Was sie kann, was sie will, Rowohlt, Reinbeck 1999, S. 15ff

[8] Winterhoff, Michael: Persönlichkeiten statt Tyrannen oder: Wie junge Menschen in Leben und Beruf ankommen, Gütersloh 2010


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