„Ehe für alle“

„Ehe für alle“

Ja ist ja und nein ist nein, oder habe ich mich da verhört?

Ich frage mich: Was ist an der Ehe attraktiv, dass so viele Menschen die sog. „Ehe für alle“ wollen?

Die Unabhängigkeit davon, was der Staat für bestimmte Personengruppen zulässt und regelt, (nicht „was der Staat und seine Gesetze bestimmen“, denn bestimmen kann er hier gar nichts) halte ich in diesem Zusammenhang für unbedingt notwendig. In Überzeugungen kann und darf der Staat nicht hineinreden. Einerseits dürfen sich die Kirchen meiner Meinung nach vom Staat nichts „aufzwingen“ lassen, andererseits begrüße ich, dass die Kirchen dem Staat nichts mehr diktieren können. Die Trennung von Kirche und Staat bedeutet für mich eine größere Entscheidungsfreiheit zugunsten eigener Überzeugungen.

Warum sollte also die „Ehe für alle“ von Staats wegen nicht begrüßenswert sein? Nicht weil viele Menschen das wünschen und man dem sog. Zeitgeist hinterherrennt, um Wahlen zu gewinnen, sondern weil zwei eine verbindliche Bindung eingehen wollen? Rein ökonomische Interessen und Wahlkampfgezeter mal beiseite gelassen, so ist anerkennenswert, dass es hier auch um andere Werte wie gegenseitige Wertschätzung bzw. Liebe geht. Gemeinsame Übernahme von Verantwortung ist nicht nur in Partnerschaften, sondern gerade auch bei Adoptionen gefragt.

Ich möchte ein Lanze brechen für die Ehe und nicht gegen sie (C&W 30 v. 20. Juli 2017). Nach 38 Ehejahren (katholisch getraut), in denen meine Partnerschaft und unsere Familie nicht immer nur harmonische Zeiten erlebte (wer kann das schon nach so vielen Jahren von sich behaupten?), finden meine Freunde und ich es richtig, dass wir mit unseren Partnerinnen zusammen geblieben sind, auch in schwierigen Zeiten. Weil wir dankbar dafür sind, sprechen meine Frau und ich gerne darüber. Damals, kurz nach unserer Trauung, sagte mir jemand: „Jetzt ist die Mark nur noch halb so viel wert.“ Ich konterte: „Im Gegenteil, denn geteilte Freude ist doppelte Freude.“ – „Ich möchte mit dir alt werden“, hört man allenthalben. Immer, wenn ich bereit war, auf meine Pläne und Vorstellungen zu verzichten, wenn ich meiner Frau gut zuhörte und mich voll und ganz auf sie einließ, erfuhren wir eine Bereicherung unseres Lebens, eröffneten sich neue, unerwartete Perspektiven.

Frage ich meine Schülerinnen und Schüler, welches sie als das erstrebenswertestes Gut im Leben finden, so antworten fast alle: Eine belastbare, dauerhafte Beziehung zu haben. Die Treue sei wichtiger als Geld und Erfolg.

Wenn ich mich nach reiflicher Überlegung für eine Partnerschaft entscheide, die für mich lt. Eheversprechen das ganze Leben dauern soll, so habe ich kein Wegwerfprodukt gebucht. Eine eheliche Beziehung ist für mich keine kurzfristige Angelegenheit. Jede Beziehung, egal ob sie längerfristig oder nur beiläufig in einer kurzen Begegnung stattfindet (auch ohne Worte), hat nach meiner Überzeugung bleibenden Charakter. Sie verändert mich und ebenfalls die andere Person. Martin Buber sagt, dass in jeder Begegnung etwas Drittes entsteht, was beide übersteigt und beeinflusst. Buber nennt es „das Zwischen“, ich würde es einfach „Beziehung“ nennen, weil sie nicht nur eine leere Floskel ist, sondern eine reale Möglichkeit darstellt.

Die Ehe bedeutet für uns nicht nur Verantwortungsübernahme für den Ehepartner, die Ehepartnerin, sondern ist auch eine gesellschaftliche Verantwortung, nicht zuletzt für die Kinder. Die Familie als kleinste Zelle der Gesellschaft ist nach unserer Auffassung nicht, wie viele behaupten, in Auflösung begriffen, sondern befindet sich in einer tiefgreifenden Krise, die unserer Meinung nach überwunden werden wird. Wer sich nach zwei oder drei Jahren vom Ehepartner oder der Ehepartnerin abwendet, weil „die Liebe nicht mehr da sei“ o.Ä., hat sein Eheversprechen falsch verstanden.

Ich möchte einmal einen Vergleich wagen (Vergleiche hinken ja bekanntlich oft):

Wenn sogar Staatsoberhäupter geschlossene und unterschriebene internationale Verträge (eingegangene Verpflichtungen) einfach für null und nichtig erklären, weil es ihnen nicht in den Kram passt, was sind dann dem Bürger seine Versprechen noch wert? Erst in der Prüfung beweist sich das Versprechen. Jedes Versprechen harrt auf seine Einlösung, die naturgemäß nicht gleich und sofort, sondern erst mit der Zeit erfolgt. Wie oft hören wir von den Kindern: „Das hast du mir versprochen.“

Soll eine Partnerschaft nachhaltig sein, ist m.E. die gegenseitige Wertschätzung ein sehr wichtiger Aspekt. Verschiedene Erhebungen belegen, dass kirchlich geschlossene Ehen länger halten, dass auch die Partner länger leben. Der kirchliche Segen, in der katholischen Kirche Sakrament genannt, ist sicher kein Garant dafür, dass Frau und Kinder nicht verprügelt werden. Damit so etwas nicht geschieht und die Ehe nicht scheitern soll, kommt zu diesem Segen m.E. eine ganz persönliche Entscheidung hinzu, die immer wieder erneuert werden muss, weil sonst mit der Zeit, insbesondere in schwierigen Situationen, die Zuneigung und die Wertschätzung für den anderen Partner/die Partnerin weniger werden kann. Das gilt meiner Meinung nach auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Die christliche Einstellung kann eine wertvolle Hilfe sein

Eines der schönsten Erlebnisse im Leben einer Beziehung ist das gemeinsame Überwinden von Hürden und Schwierigkeiten. Das schweißt zusammen und gilt natürlich gleichermaßen auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen.

 

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